Rund 20 Dublin-Fälle aus fünf Länderen harren des “Strassburger” Urteils.

Rund 20 mehr oder weniger vergleichbare Dublin-Fälle wie der Fall Tarakhel, in dem der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) letzte Woche gegen die Schweiz urteilte, seien beim EGMR hängig. Sie stammten aus Deutschland, Österreich, Dänemark, Holland und der Schweiz. Dies meldet die “Schweiz am Sonntag” unter Berufung auf den Pressedienst des EGMR (9.11.14, S. 7, nicht online).

Die Schweiz selber habe noch vier Fälle hängig. Zwei beträfen Familien in vergleichbarer Lage wie die Tarakhels. Den beiden andern ist die „NZZ am Sonntag“ nachgegangen:

„Im einen wehrt sich ein syrischer Asylsuchender gegen seine Abschiebung nach Italien und verweist dabei auf seinen Gesundheitszustand. Er leide an einer schweren posttraumatischen Störung und sei deshalb in der Schweiz in therapeutischer Behandlung. Falle diese Behandlung weg, werde er suizidgefährdet. Darum verstosse die Schweiz mit der geplanten Ausschaffung nach Italien gegen das Folterverbot, das in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgehalten ist.

Im anderen Fall hat ein asylsuchendes Paar aus Afghanistan Beschwerde gegen die Schweiz eingereicht. Auch diese Asylsuchenden verweisen – neben anderem – auf gesundheitliche Probleme, namentlich auf Traumata. Wann das Gericht die beiden Beschwerden behandelt, steht noch nicht fest, wie eine Sprecherin des EGMR sagt.“

Mehr Informationen finden Sie hier.

Die dänische Justizministerin Mette Fredriksen habe die Abschiebung von Flüchtlingsfamilien mit Minderjährigen nach Italien und anderen Ländern, in denen ähnliche Mängel im Einquartierungswesen bestünden, ausgesetzt, berichtet „Schweiz am Sonntag“

Voraussichtlich sind also Deutschland, Österreich, Dänemark und Holland gemeinsam mit der Schweiz an einer menschenrechtskonformen Weiterentwicklung des Dublin-Systems mitinteressiert. Es würde nicht überraschen, wenn weitere Staaten dazu kämen. Potenziell sind alle Nicht-Mittelmeerstaaten in einer ähnlichen Interessenlage. Nach einiger Bedenkzeit wird man feststellen, dass “Strassburg” einen wertvollen, fälligen Impuls gab.

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