Die Durchsetzungsinitiative und die Konzernverantwortungsinitiative (KOVI) haben nichts miteinander gemein – ausser dass sich dem Parlament bei der KOVI erneut die Frage stellt, ob es wesentliche Teile einer Volksinitiative in ein Gesetz aufnehmen will, um den Rückzug der Initiative herbeizuführen.

Bei der Durchsetzungsinitiative war der Nationalrat bereits auf diesen Kurs gegangen. Die Ständeratskommission widersetzte sich, und der Ständerat folgte ihr. Die Initiative kam vors Volk und wurde abgelehnt.

Bei der Behandlung des Gegenvorschlags zur KOVI obsiegte nun im Ständerat ein Minderheitsantrag, der explizit damit begründet wurde, man wolle eine Volksabstimmung über die Initiative. Aus den Voten des Sprechers dieser Kommissionsminderheit, Beat Rieder (CVP, VS):

“Es wäre aber aus meiner Sicht ein verheerendes Zeichen, wenn wir jeder Initiative, die eigentlich vom Bundesrat und der Mehrheit dieses Parlamentes klar abgelehnt wird, einen Gegenvorschlag entgegenstellen, der quasi den Initianten in allen Punkten entgegenkommt. Damit machen wir uns als Parlament keinen Gefallen. Dies wird einfach dazu führen, dass in Zukunft die Initianten mehr und mehr volles Risiko nehmen und selbstverständlich nicht mehr bereit sein werden, ohne weitgehende Zugeständnisse ihre Initiativen zurückzuziehen.”

“Mir geht es nicht um das Primat, das von Kollege Engler erwähnt worden ist. Es geht mir nicht um das Primat der Wirtschaft oder der Politik, sondern um das Primat des Ständerates oder des Initiativkomitees: Wer hat hier schlussendlich das Sagen? Müssen wir einen Gesetzentwurf umsetzen, der fast eins zu eins einer Volksinitiative entspricht, damit die Initianten ihre Initiative zurückziehen? Oder müssen wir das umsetzen, was wir als Politiker vor dem Volk und unserer Wirtschaft verantworten können?”

Link zum Amtlichen Bulletin der Ständerats.

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Kommentar:

Man mag das Scheitern des Versuchs, eine Verständigung zwischen Initiantinnen, Initianten und Wirtschaft auf Gesetzesebene zu finden, bedauern. Anderseits ist aber die grundsätzliche Haltung der Mehrheit des Ständerats zum Umgang mit Volksinitiativen nachvollziehbar. Für das Anliegen der KOVI braucht die Durchführung eines Abstimmungskampf auch nicht nachteilig zu sein: Er fördert das Problembewusstsein. Die Fälle, die zur Initiative geführt haben, werden in Erinnerung gerufen werden. Wirtschaft und Befürworter werden darlegen müssen, was die Berichterstattungspflicht bringt und wie sie sie umsetzen wollen. Sollten während des Abstimmungskampfs neue Verstösse gegen Menschen- und Minderheitenrechte und Umweltschutz bekannt werden, wird der Ausgang der Abstimmung unberechenbar. (Mehr dazu in meinem Kommentar bei PolitReflex.) Ulrich Gut.

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