“Plädoyer” greift die Forderung Bundesrichter Thomas Stadelmanns auf, in die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), ergänzend zur Individual- und zur Staatenbeschwerde, eine Organbeschwerde einzuführen. Stadelmann hatte diesen Vorschlag bereits im Dezember letzten Jahres gegenüber der “Aargauer Zeitung” vertreten (Link).

Es geht um Staaten, die sich, wie die Türkei, von der Rechtsstaatlichkeit entfernen. Ob es zu Individualbeschwerden kommt, kann von Zufällen abhangen. Oft fehle die persönliche Betroffenheit, die für eine Individualbeschwerde gegeben sein muss. EMRK-Staaten könnten zwar Staatenbeschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erheben. “Laut Stadelmann ist sie jedoch ‘weitgehend wirkungslos'”, schreibt “Plädoyer”. “Klage ein Vertragsstaat gegen einen anderen, werde dies als unfreundlicher politischer Akt verstanden.”

Seit Abschluss der Konvention wurden 23 Staatenbeschwerden erhoben.

Die Konventionsstaaten könnten, so Stadelmann, die EMRK dahingehend revidieren, dass die parlamentarische Versammlung des Europarates oder der Kommissar für Menschenrechte des Europarats oder ein Sonderberichterstatter aus dem Office des United Nations High Commissioner for Human Rights (OHCHR) das Recht zur Beschwerde bekämen.

Als Gegenstimme zitiert “Plädoyer” Sebastian Heselhaus, Staatsrechtsprofessor an der Universität Luzern: Auch wenn man solchen Instanzen das Beschwerderecht gäbe, wären Spannungen mit Vertragsstaaten nicht ausgeschlossen. Infolge der Kritik des Europarats an der Annexion der Krim bezahle Russland keine Beiträge mehr an den Europarat. Ein wichtiger Grund für die Betrauung eines Gerichtshofes mit der Überprüfung von Menschenrechtsverstössen sei aber, dass man damit direkte Spannungen zwischen Staaten vermeiden wolle.

Link zum kostenpflichtigen “Plädoyer”-Artikel (Ausgabe 2/19, S. 18 f.).

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