Für eine direkte Demokratie der Substanz und der Klarheit.

Kommentar des Präsidenten von „Unser Recht“, Ulrich E. Gut:

Zunächst zur Härtefallklausel, die der Ständerat  für die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative vorsieht. Die NZZ berichtet von grosser Angst vor der Durchsetzungsinitiative:

“(…) Gerhard Pfister (cvp., Zug) wird den Kurs seiner Fraktion nicht unterstützen. Die Gefahr sei gross, dass die Durchsetzungsinitiative vom Volk angenommen werde. Die einzige Chance, das zu verhindern, sei der ursprüngliche Weg des Nationalrates, weil dann die SVP ihre Initiative

zurückziehen würde. Pfister sieht überdies die linken Parteien in der Verantwortung, welche sich bei der Abstimmung im November 2010 nur halbherzig für den Gegenvorschlag engagiert hätten.

Nicht nur die CVP, auch die FDP steckt in der Zwickmühle. Parteipräsident Philipp Müller gilt zusammen mit Pfister als einer der grössten Verfechter der Nationalratslösung. Im Ständerat haben die Vertreter seiner Partei jedoch geschlossen für die Härtefallklausel votiert. Inzwischen ist Müller zurückhaltender geworden. Wie sich die FDP-Fraktion im Nationalrat verhalten werde, sei offen. Man werde darüber im Januar diskutieren. Fraktionspräsidentin Gabi Huber will ebenfalls keine Prognose machen. Die Lösung des Ständerates sei rechtsstaatlich korrekt, aber demokratiepolitisch problematisch, weil Volk und Stände mit der Ablehnung des Gegenvorschlages gegen eine Härtefallklausel gestimmt hätten.

Diese Meinung teilt Nationalrat Kurt Fluri (fdp., Solothurn). Dennoch könne er sich vorstellen, für die Ständeratslösung zu stimmen. Aber es sei klar, dass die SVP dies ausschlachten werde und der Abstimmungskampf schwierig werde. «Wir stecken im Dilemma zwischen Demokratie und Rechtsstaat.»

Mehr Informationen finden Sie hier.

Die Durchsetzungsinitiative habe grosse Chancen, angenommen zu werden: Eine Beurteilung, die sich hören lässt. Aber ist das ein Grund, sich und den andern den Kampf zu ersparen?

Die Durchsetzungsinitiative soll durchaus zur Abstimmung kommen. Es ist gut demokratisch, wenn besonders einschneidende Verfassungsänderungen, die die Grundrechte und die Aussenbeziehungen (EMRK, Europarat) betreffen, in Form von präzis zugespitzten Fragen vor Volk und Stände gebracht werden. Wenn es denn sein muss, dass das Verhältnismässigkeitsprinzip in der Schweiz in bestimmten Rechtsbereichen künftig überhaupt nicht mehr gilt – auch nicht für Härtefälle –, und wenn es denn sein muss, dass in der Schweiz die Europäische Menschenrechtskonvention bei Ausweisungen und Ausschaffungen definitiv, in zahlreichen und schwerwiegenden Fällen nicht mehr gelten soll, dann muss die Verantwortung hierfür durch Volk und Stände übernommen werden. Und der Einwand, sie hätten dies durch die Ablehnung des Gegenvorschlags bereits getan, geht fehl: Der Ständerat schlägt mit der Härtefallklausel ein stark reduziertes Verhältnismässigkeitsprinzip vor.

Aus demselben demokratiepolitischen Grund ist auch zu wünschen, dass die Volksinitiative “Raus aus der Sackgasse” (RASA) zustande kommt: Volk und Stände sollen nach reiflicher Überlegung und klärenden Erfahrungen präzis über Weiterführung oder Abbruch der bilateralen Beziehungen entscheiden können. RASA stellt dies sicher. Wenn die Behörden sich zu einer besseren, umfassenderen Verfassungsvorlage zusammenraufen können – umso besser. Dann kann RASA zugunsten dieser Vorlage zurückgezogen werden.

Print Friendly, PDF & Email