SVP-Präsident Albert Rösti sagt in einem Interview, Deutschland habe dieselbe Regelung, wie sie in der Anti-Völkerrecht-Initiative (“Selbstbestimmungsinitiative”) der SVP vorgesehen ist, und sei trotzdem Mitglied der Europäischen Menschenrechts-Konvention (EMRK). (Link zum Interview)

Hierzu ist vorab festzustellen, dass Deutschland im Gegensatz zur Schweiz ein Verfassungsgericht hat, das überprüfen kann, ob ein Gesetz den Menschenrechten entspricht. Wenn nicht, kommt die betreffende  Gesetzesbestimmung gar nicht zur Anwendung. Damit vermindert Deutschland die Zahl der Fälle, die überhaupt nach Strassburg weitergezogen werden, massiv.

Die Berufung der SVP auf ein Land mit Verfassungsgerichtsbarkeit erinnert daran, dass dieselbe Partei die Befugnis des Bundesgerichts immer ablehnte, die Verfassungsmässigkeit von Gesetzen zu prüfen. Das bedeutet: Wenn es der SVP gelingt, den Einwohnerinnen und Einwohnern unseres Landes die Menschenrechtsbeschwerde nach Strassburg wegzunehmen, bleibt ihnen kein landesrechtlicher Ersatz.

Sonderfall Schweiz: Die Beschwerde an den Europoäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg erfüllt in der Schweiz die Aufgabe einer Verfassungsgerichtsbarkeit, beschränkt auf Menschenrechte.

Zurück zu Deutschland: Wenn Strassburg doch einmal eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention feststellt, behandelt Deutschland ein solches Urteil keineswegs – wie es die SVP will – als unverbindlich. Deutschland respektiert vielmehr die die Rechtsprechung Strassburgs geradezu vorbildlich. Dies bestätigt eine Fallsammlung, die die Parlamentarische Versammlung des Europarates kürzlich veröffentlichte: Link hier.

Es gibt schon ein Land, das sich herausnimmt, im Einzelfall zu entscheiden, ob es ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte  befolgt: Russland. Ob sich die SVP noch entschliessen wird, den Schweizer Stimmberechtigten das russische Modell zu empfehlen?

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