Vor dem Start der Unterschriftensammlung für die “Fremde Richter”-Initiative

Die „NZZ am Sonntag“ berichtet über letzte Änderungen, die die SVP an ihrer Volksinitiative „Schweizer Recht statt fremde Richter“ vorgenommen habe, für die sie am Dienstag, 10. März 2015, die Unterschriftensammlung startet:

„(…) Hinzugekommen ist eine Übergangsklausel, wonach die neuen Bestimmungen der Initiative nicht nur für künftige Verträge, sondern auch auf alle aktuellen internationalen Verpflichtungen angewendet werden müssen. Gestrichen wurde hingegen ein anderer Passus: jener zum zwingenden Völkerrecht.

Der Entwurf enthielt eine Definition des zwingenden Völkerrechts mit Verweis auf das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge von 1969. Zwingend seien demnach jene völkerrechtlichen Bestimmungen, die ‚von der internationalen Staatengemeinschaft in ihrer Gesamtheit angenommen und anerkannt werden als Bestimmungen, von denen nicht abgewichen werden darf und die nur durch eine spätere Bestimmung des allgemeinen Völkerrechts derselben Rechtsnatur geändert werden können.‘ (…)“

(„SVP bessert an Initiative nach“. „NZZ am Sonntag“, 8. März 2015.)

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Nach einigem Hin und Her dürfte jetzt klar sein, dass mit dieser Volksinitiative die Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) angestrebt wird und bei Annahme wohl auch erreicht würde. SVP-Nationalrat Yves Nydegger bemüht sich in einem Interview in „Le Matin Dimanche“ (8.3.15, S. 11), dies zu untermauern:

„(…) Ce qui est en cause, ce sont les juges étrangers: ceux de Strasbourg se sont auto-institués en tribunal européen de dernière instance, ce qui n’était pas du tout prévu à l’origine. Pour la Suisse, les condamnations sont rarissimes, mais leur pouvoir de nuisance est élevé puisque leur jurisprudence est invoquée pour mettre en échec la démocratie directe. Cela dit, c’est bien plus les juges de l’UE que ceux de Strasbourg qui sont visés par l’initiative.“

Nydegger weiter: „La Cour s’est instituée pour promouvoir la démocratie dans une Europe qui ne la connaissait guère. Mais à force de s’arroger le droit de statuer dans des tas de domaines, les juges de Strasbourg en sont arrivés à s’opposer à a démocratie là où elle est la plus ancienne et la plus direct. C’est un comble ! Aujourd’hui, elle empêche tout un peuple de décider démocratiquement, par exemple, du renvoi des criminels “

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Die SVP dürfte also eine mehrteilige Strategie fahren:

–       Erstens ganz grundsätzlich die Unvereinbarkeit eines europäischen Menschenrechts-Gerichts, das seit seinen guten Anfängen eine Fehlentwicklung durchlaufen habe, mit der direkten Demokratie geltend machen.

–       Zweitens die Empörung über ausländische Straftäter mobilisieren – immer neu geschürt durch Boulevard-Reports.

–       Drittens möglichst viele abholen wollen, die auf irgendeinem Rechtsgebiet – „des tas de domaines“ – mit Urteilen aus Strassburg unzufrieden waren.

–       Viertens die Initiative als Schutzwall gegen das EU-Gericht in Luxemburg und damit gegen einen institutionellen Kompromiss zwischen der Schweiz und der EU propagieren.

–       Fünftens Wirtschaftskreise zu beschwichtigen versuchen, die Nachteile für die aussenwirtschaftlichen Beziehungen befürchten, wenn die Schweiz zur Protagonistin gegen internationales Recht wird.

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