“Massnahmen der sozialen Hilfe” gehören nach geltendem Recht zu den “besonders schützenswerten Personendaten” (Art. 3 Bst. c Ziff. 4 des Datenschutzgesetzes).

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-NR) hat die Totalrevision des Datenschutzgesetzes in der Gesamtabstimmung mit 9 zu 9 Stimmen bei 7 Enthaltungen und Stichentscheid des Präsidenten angenommen.

Und sie belastete diese Vorlage, die, wie das Abstimmungsergebnis zeigt, an sich schon sehr umstritten ist, mit einer höchst problematischen Entscheidung: “Sie hat insbesondere die Daten über Sozialhilfemassnahmen von der Liste dieser besonders schützenswerten Daten gestrichen, da es im Interesse der Vertragspartner, der Anbieter oder gar der Öffentlichkeit sein kann, zu wissen, ob eine Person Sozialhilfe bezieht. Eine Minderheit ist gegen diese Streichung. Von der Kommission ebenfalls von der Liste gestrichen wurden die Daten über gewerkschaftliche Tätigkeiten. In die Liste aufgenommen wurden hingegen die genetischen Daten.” (Medienmitteilung Communiqué de presse Communicato stampa)

Hierzu äusserte sich Nationalrat Christoph Eymann (Liberaldemokratische Partei, Basel-Stadt), Präsident der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS), in einem Interview im “Tages-Anzeiger” vom 23.8.19 (Link zum Interview). Der Entscheid sei schlecht und falsch, er müsse bekämpft werden.

Auszug:

“Es besteht kein öffentliches Interesse darin, zu erfahren, ob jemand Sozialhilfe bezieht. Auch in anderen Bereichen wird nicht publik gemacht, wenn jemand Unterstützung der öffentlichen Hand erhält; es gibt zum Beispiel keine öffentlichen Listen der Stipendienempfänger oder von Personen, die Krankenkassenverbilligungen erhalten. Der Nutzen für die Allgemeinheit ist nicht ersichtlich, die Nebenwirkungen für die Betroffenen sind hingegen enorm. (…)

Wenn schon eine Kategorie der besonders schützenswerten Daten existiert, gehören die Sozialhilfedaten ganz bestimmt dazu. (…)

Wir haben keine Missstände in diesem Land, weil Sozialhilfedaten nicht einfacher zugänglich sind. Vielmehr drohen wegen solcher Ideen, wie sie nun in der Kommission auftauchen, Stigmatisierungen und eine Zweiklassengesellschaft.”

Eymann geht auf die angeblichen Interessen von Vermietern oder Autohändlern ein: Die Miete von Sozialhilfeempfängern werde ohnehin von der Sozialbehörde bezahlt, und die Verwendung der Sozialhilfegelder beispielsweise für ein Autoleasing müsse durch die Sozialbehörde beurteilt und kontrolliert werden.

 

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