Aus einem Bericht von Brigitte Hürlimann in der “Republik”, erschienen am 28.11.18 (Link):

“Vor dem Zürcher Arbeitsgericht kreuzen die Vertreter einer Schweizer Grossbank und eine ehemalige Mitarbeiterin die Klingen. Thema ist eine geschlechterbedingte Lohndiskriminierung. Wie die Sache endet? Keine Ahnung!

(…) Man beginne nun mit den Vergleichsgesprächen, sagt die vorsitzende Richterin Eva Borla-Geier, und die seien nicht öffentlich. Zwar wird das Gericht, das in Dreierbesetzung tagt (die Vorsitzende plus je eine Vertretung der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberseite), zum Auftakt der Vergleichsgespräche vermutlich eine vorläufige Bilanz ziehen, eine erste Einschätzung zum Fall äussern und Vorschläge zum weiteren Vorgehen unterbreiten – aber auch das darf die Öffentlichkeit nicht hören. Alles geheim!

So viel zum Thema «Absage an die Kabinettsjustiz» oder «Öffentlichkeit der Gerichtsverfahren», eine Errungenschaft der Aufklärung, die immerhin Menschenrechtscharakter geniesst und die in der Verfassung, in den Bundesgesetzen und in internationalen Regelwerken zementiert worden ist. Und es kommt noch besser: Am Tag nach der öffentlichen Hauptverhandlung lässt die Medienstelle des Bezirksgerichts Zürich ausrichten, die besagte Abteilung des Arbeitsgerichts habe beschlossen, keine Informationen über den Ausgang der Vergleichsgespräche zu geben. Also nicht einmal die Fragen zu beantworten, ob die Vergleichsgespräche beendet wurden oder aber fortgesetzt werden, ob ein Vergleich vorliegt, ob die Gespräche gescheitert sind und deshalb demnächst ein Urteil gefällt werden muss. Nada, nichts.

Die Geheimniskrämerei ist umso ärgerlicher und unverständlicher (mal abgesehen von der Kollision mit dem Öffentlichkeitsprinzip), als es um eine Frage von grossem und aktuellem Interesse geht. Geschlechterbedingte Lohndiskrepanz wird hierzulande grad wieder sehr heftig und sehr kontrovers diskutiert. (…)

Die Gerichtsreporterin der Republik hat beim Bezirksgericht Zürich eine anfechtbare Verfügung angefordert und verlangt, dass der Ausschluss der Öffentlichkeit begründet wird. (…) Auf der Grundlage einer solchen Verfügung könnte notfalls auch der Rechtsweg beschritten werden, das heisst: Das Verhalten des Arbeitsgerichts würde von einer oberen Instanz überprüft. (…)”

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