Europa ist weit entfernt davon, Menschenwürde und Menschenrechte der zahlreichen Geflüchteten auf griechischen Inseln schützen zu können. Aber allmählich treffen europäische Staaten, vorab Deutschland, Vorkehrungen,nicht mehr nur unbegleitete Kinder und Jugendliche aufzunehmen, sondern auch Erwachsene, deren Asylverfahren abgeschlossen ist.

Schweizer Städte wären bereit, Schritt zu halten, aber der Bund geht bisher nicht auf sie ein. Alec von Graffenried, Stadtpräsident von Bern und unter anderem auch Vizepräsident von “Unser Recht”, äussert sich hierzu in einem Interview mit der “Republik” (Link zum Interview).

Auszug:

“«Mir scheint es ein wenig so, als würden die Länder Europas regungslos im Kreis stehen vor Angst, dass verliert, wer sich als erstes bewegt. Es wäre wichtig, dass sich die Schweiz jetzt bewegt. Das würde den Druck erhöhen, dass sich andere auch bewegen. Deutschland zum Beispiel. Ich sage nicht, wir müssen 2000 Menschen aufnehmen. Ich sage aber: Unsere Asyl­zentren sind halb leer. Wir haben in der Schweiz heute die Kapazitäten, sofort 500 Menschen aus Moria aufzunehmen. In Bern hätten wir Platz, einen Teil dieser Menschen aufzunehmen.»

Denn die Asylzahlen, sagt der Berner Stadtpräsident, seien seit 2015 zurückgegangen, von 40’000 auf rund 15’000 und hätten sich 2020 nochmals halbiert.

«Es ist für mich eine Selbst­verständlichkeit, eine Verpflichtung, dass wir jetzt solidarisch sind und helfen, gerade auch an den europäischen Aussen­grenzen», sagt von Graffenried. (…)

Er befinde sich derzeit im Austausch mit anderen Städten, zum Beispiel auch mit Zürich. Auch dort sei man dran, ein deutliches Signal nach Bern zu senden.

«Die Bundes­rätin mag womöglich sagen, die Asyl­unterkünfte seien Bundes­unterkünfte», sagt der Berner Stadt­präsident. «Aber darum geht es doch nicht. Es geht darum, wo die Menschen sich dann physisch befinden, und die grossen Bundes­asyl­zentren befinden sich nun mal in den Städten, wo man auch viel Erfahrung mit der Integration von Geflüchteten hat.»

Wenn die Stadt Bern in einem ersten Schritt von 20 Menschen gesprochen habe, die man sofort aufnehmen wolle, dann sage er nun, dass man diese Zahl erhöhen könne. «Es ist ja auch nicht so, dass wir keine Erfahrung mit Not­situationen haben», sagt von Graffenried. «In den Neunzigern sind 300’000 Menschen aus dem Balkan in die Schweiz gekommen. Das hat schliesslich auch funktioniert.»”

 

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