Neue Verpflichtungen konsequenter beurteilen und legitimieren, und der EGMR darf keine vierte Instanz werden.

„Pacta sunt servanda.“ Mit dem expliziten Bekenntnis zu dieser Norm haben die FDP/Liberalen in einer am 1. August 2013 verbreiteten Stellungnahme eine Trennlinie zur SVP und zu einzelnen Exponenten der CVP gezogen, die Landesrecht schlechthin vor Völkerrecht stellen und damit die Verletzung und Kündigung von Staatsverträgen, insbesondere der EMRK, in Kauf nehmen wollen. Die FDP/Liberalen wollen stattdessen neue staatsvertragliche Verpflichtungen kritischer prüfen und demokratisch konsequenter legitimieren. Sie weisen auf ihre diesbezüglichen Forderungen im Positionspapier „Bessere Vereinbarkeit von Landesrecht und Völkerrecht“ hin.

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Die Medienmitteilung:

“Den Nationalfeiertag haben SVP und CVP zum Anlass genommen, um gegen ausländische Richter zu wettern: sie bevorzugen anscheinend ein absolutistisches Landesrecht auf Kosten des Völkerrechts. Die FDP stellt sich gegen solche Extremvorschläge und liefert ihrerseits mit einem Positionspapier konstruktive Lösungen: eine Klarstellung der Hierarchie zwischen Landes- und Völkerrecht sowie ein Gleichgewicht zwischen nationaler Souveränität und dem Respekt von international geltendem Recht. Eine Abkapselung im Rechtsbereich ist illusorisch – gerade wegen ihrer Internationalität ist die Schweiz heute so stark.

Als kleiner Staat, der auf gute internationale Beziehungen angewiesen ist, profitiert die Schweiz von einer verlässlichen Völkerrechtsordnung. Anstelle eines Rechts des Stärkeren gelten Gesetze und geordnete Verfahren bei Konflikten. Dies ermöglicht es, den Rechtsstaat zu garantieren, grundlegende Rechte zu sichern und unseren wirtschaftlichen Wohlstand zu fördern.

«Pacta sunt servanda»

Im Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht gibt es durchaus Spannungsfelder, wenn sich diese beiden Ordnungen widersprechen. Zudem kennt das Völkerrecht keine Hierarchieordnung, abgesehen vom zwingenden Völkerrecht, das allem anderen Völkerrecht und Landesrecht vorgeht. Schliesslich versuchen internationale Gerichte immer detaillierter und umfassender in die nationalen Kompetenzen einzugreifen, womit sie sich vom Kerngehalt der internationalen Verträge entfernen.

Da klingen Extremlösungen à la SVP einfach: Nationales Recht soll absolute Priorität gegenüber internationalen Normen haben. Ein solcher Vorschlag macht aber keinen Sinn: die Schweiz muss ihre Vereinbarungen gegenüber ausländischen Partnern einhalten («pacta sunt servanda»), denn schliesslich fordern wir dasselbe auch von unseren Partnern. Um weiterhin Initiativen lancieren zu können, die Völkerrecht und Grundrechten widersprechen, beschäftigt sich die SVP lieber mit den Symptomen statt bei den Ursachen der aktuell unbefriedigenden Situation anzusetzen.

Konkrete Lösungen der FDP

Dagegen vertritt die FDP eine konstruktive und effiziente Lösung für die bestehenden Probleme. Erstens will die FDP dem Völkerrecht innerstaatlich eine Rangordnung analog zum Schweizer Recht (Verfassungsstufe, Gesetzstufe, Verordnungsstufe) geben. Je nach Einordnung ergibt sich daraus die Notwendigkeit des entsprechenden demokratischen Prozesses, sprich eines obligatorischen oder fakultativen Referendums. Die Lösung der FDP ist eine klare Hierarchie zwischen Landesrecht und Völkerrecht und ein demokratischer Prozess für die Übernahme internationaler Normen.

Zweitens ist die Reform internationaler Gerichte wie dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) notwendig. Die ihm zugrunde liegende Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) setzt Minimalstandards für Menschenrechte. Das begrüsst die FDP, denn Freiheitsrechte müssen vor staatlicher Willkür geschützt werden. Mit der immer umfassenderen Rechtsprechung des EGMR entfernt sich dieser aber immer mehr von seiner Aufgabe, die fundamentalen Menschenrechte zu schützen. Hier fordert die FDP vom Bund, dass er zusammen mit anderen Staaten eine Reform dieses Gerichtshofs in die Wege leitet.

Vorstösse der FDP in der Herbstsession

Schliesslich fordert die FDP, dass nur internationale Verträge ratifiziert werden, welche die Schweiz in Kenntnis aller Folgen künftig oder im Zeitpunkt der Ratifikation erfüllen will. Unliebsame Überraschungen in den vergangenen Jahren haben gezeigt, dass die Verwaltung eine sorgfältigere Vorarbeit leisten muss und die Politik gefordert ist, dieser Praxis widersprechende Verträge nicht zu ratifizieren.

Die FDP wird in der Herbstsession entsprechende parlamentarische Vorstösse einbringen – aus Liebe zur Schweiz.”

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Damit dürfte es für die angekündigte SVP-Volksinitiative Landesrecht-Völkerrecht kaum mehr realistisch sein, dass die SVP den Coup bei der sogenannten Privatsphäre-Initiative repetieren und die FDP/Liberalen mittels untergeordneter Konzessionen an Bord nehmen kann.

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