Notizen von einem Kurzbesuch am Film Festival Diritti Umani in Lugano. Sie ergaben sich nur aus einem Kurzbesuch von Donnerstagmorgen, 10.10., bis Freitagmittag, 11.10.19, und sind deshalb nicht repräsentativ für das Programm.
Die vier hier vorgestellten Filme handelten weniger von Verletzung der Menschenrechte von Individuen, als von politischen Verhältnissen und Vorgängen, die menschenrechtlich relevant sind. Teilweise war eine gewisse Anstrengung nötig, um den Zusammenhang zu erkennen. Vorweg: Jeder der Filme war auf seine Weise gut.
 
“Ambassade”:
Dokumentarfilm von Daniel Wyss über die Rolle der Schweiz bei der Befreiung der Geiseln, die bei der Stürmung der US-Botschaft in Teheran genommen worden waren. Ich sehe zwei Verbindungen zu den Menschenrechten: Erstens die Verblendung der US-Administration und des US-Geheimdienstes, aus der Macht des persischen Geheimdiensts Savak, der bekannt war, die Menschenrechte brutal zu verletzen, auf eine gesicherte Machtstellung von Schah Reza Pahlevi zu schliessen. Zweitens, dass sich diese Verblendung durch eine lang anhaltende Verletzung der Menschenrechte zahlreicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der US-Botschaft durch die Geiselnehmer rächte.
 
“Pyongyang s’amuse”:
Ein durchaus problematischer Dokumentarfilm von Pierre-Olivier François, der heiteres Volksleben in Nordkorea zeigt. In der Einführung wurde natürlich auf die Informationen auf die Menschenrechtsverletzungen hingewiesen, über die Amnesty International verfügt. Vielleicht ist es naiv, aber ich hatte nicht den Eindruck, dass der Film ein reines Fake-Machwerk mit gestellten Szenen ist. Er informierte auch über die starke Präsenz der Sicherheitsorgane, die man nicht filmen darf. Aber das Beklemmende ist wohl, dass es ein Teil der Realität ist, dass grosse Teile einer Bevölkerung auch heute noch mit “Brot und Spielen” zufriedengestellt werden kann, die Verehrung einer Führerfamilie in dritter Generation mitmacht und zur Beschäftigung mit Menschenrechtsverletzungen verständlicherweise nicht den Mut, aber vielleicht auch kein Interesse daran hat.
 
“For Sama”:
Die junge Mutter und Journalistin Waad Al-Kataeb, Gattin eines leitenden Arztes in einem Spital, hat die Belagerung, Bombardierung und Beschiessung Aleppos dokumentiert. Der Film bezeugt, was Dick Marty in einer Diskussion am Vortag sagte: Das grösste Verbrechen ist der Krieg an sich, denn er erzeugt grausamste Übergriffe auf ein grosse Zahl von Menschen. 
 
“Sumercé”:
Dokumentarfilm von Victoria Solano über den politischen Kampf kolumbianischer Landbevölkerung und einen Wahlkampf eines Bauernvertreters. In der Nachbesprechung wurde die Bedeutung der politischen Erziehung hervorgehoben: Die Bevölkerung muss den Willen und die Fähigkeit zur energischen und realistischen Vertretung ihrer politischen Interessen entwickeln. Festgestellt wurde auch, dass die Schweiz durch die Annahme der Konzernverantwortungsinitiative (oder eines valablen Gegenvorschlags zu dieser) solche Kämpfe unterstützen könnte.
 
Ulrich Gut
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