Unter dem Titel “Keine Demokratie ohne Rechtsstaat, auch in Polen und überall” setzt sich Giusep Nay, alt Bundesgerichtspräsident, mit einer Kolumne Markus Felbers in der “NZZ am Sonntag” auseinander:

“Die Demokratie soll nach Markus Felber in der “NZZ am Sonntag”  (20.03.16) in Polen nicht in Gefahr sein, obwohl der Rechtsstaat dort abgeschafft werden will. Alles was Recht ist, um mit sein Worten zu sprechen, aber da greift der ehemalige NZZ-Bundesgerichtskorrespondent – wie leider allzu oft in seinen sonntäglichen Kolumnen – in für die Demokratie gefährlichster Weise viel zu kurz.
Wenn die Begriffe Demokatie und Rechtsstaat – auch nach ihm – zusammen gehören, dann darf man sie nicht wieder so auseinander reissen, wie dies in seinem Beitrag erfolgt. Demokratie bedeutet Herrschaft des Volkes. Und ein Volk besteht aus Menschen mit allen der gleichen Würde und den daraus folgenden gleichen Grund- und Menschenrechten. Diese garantiert der Rechtsstaat, weshalb Demokratie und Rechtsstaat untrennbar miteinander verbunden sind. Masst sich eine Mehrheit das Recht an, nicht allen Menschen die gleichen Rechte zu garantieren, so hat das nichts mit Volksherrschaft zu tun.
Dann unterscheidet sich Demokratie in nichts von einer Diktatur. Eine Mehrheit kann den Rechtsstaat abschaffen, nur schafft diese dann aber die Demokratie ab. Um diese zu erhalten, braucht es nicht bloss eine Art Schwarmvernunft und die Einsicht der politischen Mehrheit, freiwillig davon abzusehen, ihre gesetzgeberische Macht zu missbrauchen, wie Felber schreibt. Es braucht die richtige Auffassung von Demokratie als Volksherrschaft nicht von Menschen beliebig über Menschen, sondern allein unter Wahrung der gleichen Rechte für alle im Rahmen eines Rechtsstaates. Dann wird klar, dass Macht-missbrauch Missbrauch ist und nie Recht, sowie eine Demokratie ohne Rechtsstaat niemals eine Demokratie sein kann.
Der Rechtsstaat muss demokratisch legitimiert sein, die Demokratie hingegen auch rechtsstaatlich, so dass der Europarat richtigerweise die Demokratie in Polen und überall dort, wo sich eine politische Macht etablieren will, die den demokratischen Rechtsstaat aus den Angeln heben will, in höchster Gefahr sieht. Mit der überdeutlichen Ablehnung der Durchsetzungsinitiative hat das Schweizer Volk selber diese Gefahr gebannt und es wird den politischen Kräften, die mit der Selbstbestimmungsinitiative nur alles selber ohne Rücksicht auf die Rechte aller anderen im Staat bestimmen möchten, noch eine deutlichere demokratische Lektion erteilen.”

Quelle: Facebookseite von Giusep Nay, hier.

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