Tages-Anzeiger-Journalist Kurt Pelda berichtete an der SVP-Delegiertenversammlung über seine Recherchenresultate. (Link zum Bericht der NZZ).

Jetzt übt er heftige Kritik an den Forderungen betreffend Islam, die diese DV anschliessend verabschiedete.

Auszug aus einem Artikel Peldas im “Tages-Anzeiger” vom 1.11.2017, S. 13):

“Der jüngste Forderungskatalog der SVP zielt auf den Islam als Religion und ist diskriminierend. Er schadet dem Kampf gegen Terrorismus und Radikalisierung. (…)

Bereits 2009 hat das Stimmvolk mit der Annahme der Minarettinitiative gegen das Diskriminierungsverbot verstossen. Nun doppelt die SVP mit einem Forderungskatalog nach. Das Motto lautet: «Null Toleranz gegenüber dem radikalen Islam». Aber was genau ist radikaler Islam? Eine Definition sucht man in dem Papier, das die SVP-Delegierten am Wochenende in Frauenfeld TG verabschiedeten, vergeblich. Dafür steht da: «Unsere christlichen Werte sind zu leben.» Wie bitte? Wie genau hätten Schweizer Atheisten, Muslime, Juden, Buddhisten diese Werte zu leben? Geht es um staatlich verordnete Nächstenliebe? Und sollte diese Nächstenliebe nicht eben auch die in der Schweiz lebenden Muslime einschliessen?

Die SVP wirft mehr Fragen auf, als sie Antworten gibt. Natürlich machen wir uns Sorgen um islamistische Hassprediger, um die Radikalisierung von Jugendlichen, um mögliche Terroranschläge, von denen wir bisher zum Glück verschont blieben. Wenn man einzelne Extremisten in die Schranken weisen will, kann man nicht eine ganze Glaubensgemeinschaft verurteilen. Manche Forderung der SVP zielt auf den Islam als Religion und nicht auf die überschaubare Zahl von Salafisten und Jihadisten in der Schweiz.

Muslime von Staates wegen zu diskriminieren, verletzt nicht nur unsere Grundwerte, sondern ist auch kontraproduktiv. Solche nicht durchdachten Schritte drängen die grosse Mehrheit der gesetzestreuen und loyalen Muslime in eine Ecke, wo einige von ihnen noch viel leichter Opfer von Radikalisierern und islamistischen Seelenfängern werden. Statt das Problem zu lösen, wird man es auf diese Weise verschärfen. (…)

Kategorisch wendet sich die SVP gegen eine staatliche Ausbildung von Imamen. Aber – die Alternative dazu ist der Status quo: Die Türkei und arabische Staaten stellen oder finanzieren zahlreiche Imame in den schätzungsweise 270 Moscheen in der Schweiz. Dass zudem radikale Wanderprediger vom Balkan durch die hiesigen Gotteshäuser tingeln, ist der Verbreitung eines moderaten und toleranten Islam genauso abträglich.

Landeskirchen und Synagogen lassen schon seit langem nur Prediger mit einem abgeschlossenen Theologiestudium zu. Das könnte der SVP eigentlich als Denkanstoss dienen. Warum das Gleiche – ganz ohne Diskriminierung – nicht auch für muslimische Geistliche fordern? Mit einer solchen Vorbedingung hätten es nur die allerwenigsten Hassprediger jemals auf das Minbar, die Kanzel einer schweizerischen Moschee, geschafft.

Nicht diskriminierend ist dagegen der Wunsch der SVP nach einem Vermummungsverbot im öffentlichen Raum. Ein solches Verbot würde nicht nur Nikab-Trägerinnen, sondern zum Beispiel auch Hooligans oder Horrorclowns treffen, ganz unabhängig von der Religionszugehörigkeit. Das hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2014 in einem Leiturteil so bestätigt.”

 

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