Zuschrift von Prof. Dr. iur. Pierre Widmer (Bern), vormals Direktor des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung in Lausanne, Mitglied von “Unser Recht”, in der NZZ vom 14.6.2019, S. 11:

“Die lange Bank ist offensichtlich das bevorzugte Werkzeug unserer Landesregierung; es eignet sich am besten, um darauf ein sanftes Ruhekissen auszubreiten. Was sich schon exemplarisch in Bezug auf den Rahmenvertrag mit der EU abspielt, wiederholt sich jetzt auch bei der Schaffung einer nationalen Menschenrechtsinstitution, wie sie ursprünglich bereits im Sommer 2016 beschlossen worden war (NZZ 27. 5. 19). Das Pilotprojekt des Schweizerischen Kompetenzzentrums für Menschenrechte (SKMR), ein in mehreren schweizerischen Universitäten abgestütztes Netzwerk, hat sich seit seiner Errichtung im Jahre 2011 bestens bewährt. Das Vernehmlassungsverfahren zum Entwurf des Bundesrates für eine Nachfolgeorganisation erbrachte ein weit überwiegend positives Ergebnis. Nun liefert aber offenbar der Umstand, dass sich die SVP und die FDP «wenig begeistert» zeigten, einen Vorwand für weitere Verschleppung. Wann, um Gottes Willen, hat die schweizerische Politik schon etwas «mit Begeisterung» zustande gebracht? Mir fällt seit 1291 kein solches Beispiel mehr ein.

Würde es nicht genügen, wenn man die kaum bestrittene Existenzberechtigung einer solchen Institution, die offenkundige Aktualität ihres Wirkens in der von autokratischen und totalitären Regimen bedrohten Welt und die Qualität der in den letzten Jahren geleisteten (und grossenteils entgoltenen) Arbeit würdigen und entsprechend anerkennen würde? Gerade diese Qualität hängt aber entscheidend von der Unabhängigkeit einer derartigen Einrichtung ab, die mit der gegenwärtigen Organisation und Struktur des SKMR als universitärer Institution am besten gesichert ist. Die offenbar herumgeisternden Pläne, sie durch eine (ausserparlamentarische, aber von Staats wegen eingesetzte und entsprechend politisch angehauchte) Kommission abzulösen, ist ein No-Go und hiesse, den Bock zum Gärtner zu machen. Erfreulich wäre, wenn sich jüngere und positivere Kräfte zusammenfänden, um dem Geschäft den nötigen Schupf zu geben.”

 

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