Zu einem Porträt Professor Hans-Ueli Vogts, des Redaktors der SVP-Initiative „Schweizer Recht geht fremdem Recht vor“, in der NZZ.

Das ist also der entscheidende Punkt: An die “Weisheit des Volkes” muss man glauben, wenn man den Schweizerinnen und Schweizern den Schutz ihrer Menschenrechte abbauen will. Herr Vogt meint, die Schweiz müsste den Menschenrechtsschutz selber garantieren: durch eine Verfassungsgerichtsbarkeit. Aber seine SVP hat die Verfassungsgerichtsbarkeit erst kürzlich wieder abgelehnt, zusammen mit Mehrheiten von Stände- und Nationalrat.

Zurück zur “Weisheit des Volkes”: Wer oder was ist “das Volk”, Herr Professor?

War und ist es nicht die Aufgabe der Wissenschaft, Trugbilder abzubauen? Aufzuklären?

Handeln und Verantworten liegt immer bei Personen. In der Demokratie zählt man ihre Stimmen. Dass man das Ergebnis Volksentscheid nennt, ändert nichts daran, dass zum Beispiel die Verantwortung für die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative bei den 50,3 Prozent Stimmberechtigten liegt, die ihr zugestimmt haben. Sollte eines Tages die Todesstrafe wieder eingeführt werden, so könnte keine und keiner die Verantwortung für seine Ja-Stimme an “das Volk” abtreten.

Wer im Privatleben Unfehlbarkeit beansprucht, mag es auch für sein politisches Handeln tun. Wer weiss, dass er fehlbar ist, wird wohl eher dafür eintreten, dass über den Einzelentscheiden die Grundrechte und Grundwerte stehen.

“Wenn’s nur mich nicht trifft” – diese Einstellung erleichtert es, den Menschen in der Schweiz und in Europa den Schutz eines europäischen Menschenrechts-Gerichts wegzunehmen. Ob Professor Vogt sich bewusst ist, wie viel er an dieser Stelle über seine Grundhaltung offengelegt hat?: Die SVP “verhöhnt regelmässig den Stand der Professoren. Alt Bundesrat Christoph Blocher spricht schon einmal despektierlich von den ‘Professörlein’. ‘Davon kann ich gut abstrahieren’, sagt Vogt: ‘Ich weiss, dass nicht ich damit gemeint bin.'” 

Vogt hat wohl etwas bessere Chancen als viele andere, nicht zum Opfer einer Menschenrechtsverletzung zu werden. Aber mit fortschreitender Diskussion könnte ihm dämmern, dass nicht nur „arme Teufel“, nicht nur Migranten und Kriminelle an der EMRK interessiert sind. Sogar ein Stephan Schmidheiny mag zurzeit froh sein über das Wissen, in Strassburg Beschwerde führen zu können, falls die italienische Justiz gegen „ne bis in idem“ verstösst und ihn doch noch verurteilt.

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