Einleitung von Dr. iur. Ulrich E. Gut, Präsident des Vereins Unser Recht

Judith Stamm war nach Einführung des Frauenstimmrechts eine der ersten Grossrätinnen des Kantons Luzern. Sie sass von 1983 bis 1999 für die CVP im Nationalrat, den sie 1996/1997 präsidierte. Sie ist am 20. Juli 2022 88-jährig gestorben.

Judith Stamm war Mitglied von Unser Recht. Als Präsident dieses Vereins habe ich Judith Stamms Unterstützung unserer Aktivitäten stets geschätzt. Als Juristin und Politikerin, die von Beruf Polizeioffizierin war, verkörperte sie glaubwürdig die Vereinbarkeit – mehr noch: die Notwendigkeit –, sich zugleich für Sicherheit, Grundrechte und Rechtsstaat einzusetzen. Diese Werte und politischen Aufgaben sind voneinander abhängig: Sicherheitspolitik, die Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit missachtet, wandelt sich ins Gegenteil: In ein existenzielles Risiko für Bürgerinnen und Bürger. Anderseits spielt eine Vernachlässigung ihrer legitimen Sicherheitsbedürfnisse autoritärem Populismus in die Hände.

Als Würdigung für das Leben und Wirken von Judith Stamm dürfen wir an dieser Stelle einige Gedanken von einer ihrer Nachfolgerinnen in der CVP-Fraktion des Nationalrats veröffentlichen: Barbara Schmid-Federer, zur Zeit Präsidentin des Schweizerischen Roten Kreuzes und ihrerseits von 2007–2018 im Nationalrat.

 


Von Barbara Schmid Federer

Judith war eine hoch intelligente Politikerin, mit der nötigen Portion Mut und Rückgrat, wie es sie eher selten gibt unter der Bundeshauskuppel. «D’Frau ghört is Hus, is Bundeshus» war sicher ihr prägnantester Satz.

Wenn sie für die politischen Rechte der Frauen kämpfte, ging sie auf ihre Art mit der Sichtweise einer Juristin vor, was nicht immer von allen richtig eingeschätzt wurde. Viele haben die Frauenrechtlerinnen als «links» betitelt, um sie dadurch abzuwerten. Sie war aber keine Linke. Sie war pragmatisch und lösungsorientiert, wie sich das für eine gute und erfolgreiche Politikerin gehört.

Ihr Kampf für die Frauen war immer gepaart mit einer grossen Portion Humor und Augenzwinkern. Das machte sie sympathisch. Sie war nie verbissen in ihrem Tun.

Judith hat auch noch in den vergangenen Jahren viel geschrieben, regelmässig publiziert und sich auch gemeldet, wenn ihr etwas nicht passte bei der aktiven Politikergilde.

Als ich als Quereinsteigerin überraschend in den Nationalrat gewählt wurde, war ihr rasch klar, dass ich ein Gegenüber brauchte, welches mir wertvolle Tipps geben konnte. Somit besuchte sie mich einmal pro Session. Wir gingen jeweils zusammen mittagessen und sie hörte mir zu, gab kluge Ratschläge und erzählte von ähnlichen Situationen zu früheren Zeiten. Dabei war sie zu keinem Zeitpunkt polarisierend sondern blieb immer auf dem Boden der Fakten. So war sie eben.

Nach der Wahl von Viola Amherd in den Bundesrat sind Judith und ich auf die Idee gekommen, ein kleines Fest mit verschiedenen CVP-Frauen zu organisieren. Die Absicht war, Viola dabei zu haben, aber dies gelang aus verständlichen Gründen leider nicht. Aus der Feier mit ehemaligen CVP National- und Ständerätinnen (nur Frauen) wurde ein regelmässiger Treff. Zweimal jährlich treffen wir uns seither in Zürich und empfinden diese Treffen stets als wohltuend und einfach schön.

Judith fehlte nur einmal, im vergangenen Mai, als sie Corona bedingt absagen musste.

Nun werden wir das Treffen weiterführen. In Gedenken an Judith.

 

Weiterführende Links:
Beitrag über Judith Stamm im Historischen Lexikon der Schweiz.
Vorstösse von Judith Stamm im Nationalrat.

 

Zur Autorin:

Barbara Schmid-Federer vertrat von 2007 bis 2018 die CVP des Kantons Zürich im Nationalrat. Sie ist Präsidentin beim Schweizerischen Roten Kreuz und Vizepräsidentin im Stiftungsrat von Pro Juventute.

 

* Bild: parlament.ch


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