Dass die Menschenrechte der Politik vorgegeben und nicht von ihr abhängig seien, ist edel gedacht, aber realitätsfremd. Gerade in der Schweiz, wo direktdemokratische Instrumente zur Verfügung stehen und eingesetzt werden, um ihre Durchsetzung zu behindern und ihre Geltung in Frage zu stellen, ist dies besonders augenfällig. Aber auch die Entwicklung in Mitgliedstaaten des Europarates und Vertragsstaaten der EMRK wie Russland, der Türkei, aber auch in Polen und Ungarn, würde jede Illusion, so sie noch bestünde zunichte machen.

Lorenz Engi* untersucht diese Fragen unter rechtlichen, historischen und philosophischen Aspekten. Er kommt zum Schluss, dass sich die Menschenrechte weder in einem Schema reiner Vorgegebenheit noch in einem Schema völliger Entscheidungsfreiheit verstehen lassen. Die Menschen- und Grundrechte haben einen moralischen Kern, der unverfügbar ist. Sie sind gleichzeitig aber darauf angewiesen, in bestimmten kulturellen Kontexten konkretisiert und aktualisiert zu werden.

Aus diesen Analysen zieht der Autor Schlussfolgerungen für die politische Debatte. Die Menschenrechte sind nicht als etwas Selbstverständliches anzusehen, das keiner weiteren Diskussion bedarf. Sie lassen Raum für den politischen Diskurs und sind auf diesen angewiesen, wenn sie auf Dauer im demokratischen Gemeinwesen verankert sein sollen.

*”Menschenrechte in der Demokratie. Zur Grundrechtsdiskussion in der Schweiz.” Chronos Verlag, 2016.

Lorenz Engi ist Privatdozent Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie.an der Universität St. Gallen

 

 

 

 

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