Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg urteilte, ein Verbot der Vollverschleierung (Burkaverbot) sei mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar, ein Verbot homosexueller “Propaganda” hingegen nicht. Stefan Schlegel weist auf eine Gemeinsamkeit der beiden Verbote hin:

“Wenn der Schutz Dritter vor verstörenden Begegnungen das Ziel eines Verbotes ist, ist für den Rechtsschutz des Einzelnen entscheidend, was die Mehrheit als verstörend empfindet. (…)

Die russische Regierung argumentierte, das Gesetz sei zulässig, weil eine grosse Mehrheit der Russinnen und Russen Homosexualität ablehne und durch die Begegnung mit Homosexualität irritiert werde.

Hier erkannten nun die Richter, wie gefährlich dieses Argument ist. Die Grundrechte würden unterminiert, wenn ihre Ausübung von der Zustimmung der Mehrheit abhinge, entschieden sie.

Genau. Deshalb ist ein Burkaverbot mehr als ein Ärgernis. Werden die Argumente für ein Burkaverbot verallgemeinert, werden sie zum Werkzeugkasten eines autoritären Staates, der individuelles Verhalten bis in die persönlichste Sphäre normieren kann.”

Link zum Artikel, der unter dem Titel “Ein Burkaverbot ist nutzlos, aber nicht harmlos” in der “NZZ am Sonntag” vom 30.9.2017 erschien.

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