Brigitte Hürlimann gibt in einem „Republik“-Artikel einen Überblick über kontroverse Stimmen zur Verschärfung des Sexualstrafrechts und interviewt die Strafverteidigerin Tanja Knodel.
Auszug aus dem Interview:
Sehen Sie keinen Reformbedarf im Sexualstrafrecht?
Nein. Die Schweiz hat die Istanbul-Konvention ratifiziert und erfüllt mit dem geltenden Recht die internationalen Anforderungen. Hingegen hätte ich kein Problem damit, wenn im Sexualstrafrecht der Wille ausdrücklich genannt würde. Wichtig ist, dass es zu keiner Beweislastumkehr kommt und die Unschuldsvermutung aufrechterhalten wird. Sex gegen den Willen eines Beteiligten gehört unter Strafe gestellt, nicht der Sex ohne beweisbare Zustimmung.
Womit wir wieder beim Konsens wären.
Wir müssen davon ausgehen, dass der einvernehmliche Sex die Regel ist. Das entspricht heute dem gesellschaftlichen Konsens. Kommt es zu nicht einvernehmlichem Sex, liegt eine strafbare Handlung vor, die der Staat beweisen muss. Einverstanden bin ich grundsätzlich mit dem Vorschlag des Bundesrats, die Vergewaltigung künftig geschlechtsneutral zu formulieren. Wenn aber gleichzeitig neue, unbestimmte Begriffe ins Sexualstrafrecht eingeführt werden sollen, wird es problematisch. Unbestimmte Rechtsbegriffe führen zu Rechtsunsicherheit und zu unterschiedlichen Anwendungen.