Interview mit Prof. Matthias Oesch, Autor des Buches “Der EuGH und die Schweiz”

Von UNSER RECHT

Der Bundesrat präsentierte am 15. Dezember 2023 das Mandat für Verhandlungen mit der EU über ein Paket von Marktzugangs- und Kooperationsabkommen. Dieses sieht ein Streitschlichtungsverfahren mit Schiedsgerichten vor, aber auch mit Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) für die Auslegung von EU-Recht. Da trifft es sich gut, dass kurz zuvor das Buch «Der EuGH und die Schweiz» erschienen war.

Der Autor, Matthias Oesch, Professor für öffentliches Recht, Europarecht und Wirtschaftsvölkerrecht an der Universität Zürich, empfing Ulrich Gut und Stéfanie Trautweiler, Präsident und Geschäftsleiterin von Unser Recht, zu einem Gespräch.

 

Das rund 190-seitige, 2023 bei EIZ Publishing, dem Verlag des Europa-Instituts an der Universität Zürich erschienene Buch gibt in vier Kapiteln einen umfassenden und präzisen, reich dokumentierten Einblick in die Bedeutung und Funktionsweise des Europäischen Gerichtshofs, sowohl für die Union als auch für bilaterale Vertragsbeziehungen: 1. Der EuGH als Supreme Court der EU; 2. Der EuGH und die bilateralen Abkommen. 3. Rezeption von EuGH-Urteilen in der Schweiz. 4. Neues Streitbeilegungsmodell Schweiz-EU.

Link zur Open-Access-Publikation: https://eizpublishing.ch/wp-content/uploads/2023/11/Der-EuGH-und-die-Schweiz-Digital-V1_00-20231024.pdf

 

Im Folgenden gehen wir im Gespräch mit dem Autor mit Blick auf die bevorstehenden Verhandlungen der Schweiz mit der EU, die innenpolitische Diskussion über das Verhandlungsmandat sowie die bevorstehende Mehrheitsbildung über das Ergebnis der Verhandlungen auf ausgewählte Aspekte ein.

 

Aktuell steht zur Debatte, das bilaterale Vertragswerk zwischen der Schweiz und der EU auf ein neues institutionelles Fundament zu stellen. Dabei soll auch die Streitbeilegung vergerichtlicht werden. Wie beurteilen Sie die geplante Neuerung insgesamt?

Die EU verlangt seit 2008 von der Schweiz, Hand zur Schaffung neuer institutioneller Regeln zu bieten. Dazu gehört auch die Streitbeilegung. Die EU hat ihre grundsätzliche Haltung, wonach der Status quo institutionell keine tragfähige Grundlage für die erfolgreiche Weiterführung des bilateralen Wegs darstellt, nach dem Verhandlungsabbruch im Mai 2021 bekräftigt. Eines scheint also klar: Die Schweiz wird nicht darum herumkommen, der EU hier entgegenzukommen.

Dabei liegt eine Vergerichtlichung durchaus auch im Interesse der Schweiz. Das Vorhaben, die Streitbeilegung zwischen der Schweiz und der EU zu entpolitisieren und einer gerichtlichen Instanz zu überantworten, spielt der Schweiz als politisch und wirtschaftlich weniger mächtigen Vertragspartei in die Hände. Sie wird vor ungerechtfertigten einseitigen Massnahmen der EU geschützt. Sie kann den vereinbarten Marktzugang gerichtlich einfordern und ist nicht mehr allein auf den Goodwill der EU angewiesen.

 

Was ist das Wichtigste, was zu wissen und zu verstehen ist, um die Rolle des EuGH in den künftigen Vertragsbeziehungen zwischen der Schweiz und der EU zu beurteilen?

Sofern die Schweiz und die EU uneins sind über die Auslegung eines Abkommens und im Gemischten Ausschuss keine Lösung finden, kann jede Partei die Einsetzung eines Schiedsgerichts verlangen. Ein solches Schiedsgericht besteht in der Regel aus drei Personen, die unabhängig, frei von Interessenkonflikten und fachlich bestens ausgewiesen sind. Jede Partei bestimmt eine Schiedsrichterin oder einen Schiedsrichter. Diese beiden Personen wählen die dritte Schiedsrichterin oder den dritten Schiedsrichter, die oder der den Vorsitz übernimmt. Bei der Auslegung von Begriffen des EU-Rechts muss das Schiedsgericht den EuGH anrufen, dessen Vorgaben dann für das Schiedsgericht verbindlich sind. Im Anschluss daran entscheidet das Schiedsgericht den Streitfall.

Das vereinbarte Modell beruht auf einem klassischen Schiedsgerichtsansatz, wie er im Wirtschaftsvölkerrecht gang und gäbe ist. Allein der Einbezug des EuGH ist gewöhnungsbedürftig. Er ist unionsrechtlich bedingt. Daran führt kein Weg vorbei. Der EuGH beansprucht für sich das letzte Wort darüber, wie das EU-Recht in der EU ausgelegt wird. Dazu gehört auch das EU-Recht, welches auf einen Drittstaat ausgedehnt und damit «vervölkerrechtlicht» wird. Diejenigen Abkommen, für welche neue institutionelle Regeln abgeschlossen werden sollen, beruhen weitgehend auf EU-Recht. Dazu gehört das Personenfreizügigkeitsabkommen.

 

Kritiker argumentieren, dass die Schweiz hier Entscheide «fremder Richter» akzeptieren würde. Trifft dieser Vorwurf zu?

Das negativ behaftete Narrativ der «fremden Richter» verfängt nur auf den ersten Blick. Institutionell ist der EuGH zwar tatsächlich das Gericht der Gegenpartei. Auch ist nicht ideal, dass die Schweiz in Luxemburg personell nicht vertreten ist, weder auf der Richterbank noch in der Gerichtsschreiberei. In der Sache agiert der EuGH in dieser Konstellation aber nicht als verpöntes Gericht der Gegenpartei, sondern als Gericht des EU-Binnenmarktes, an dem die Schweiz sektoriell und aus freien Stücken teilnimmt. Das EU-Recht, das auf die Schweiz ausgedehnt wird, bleibt wesensmässig EU-Recht, das letztinstanzlich vom EuGH als Höchstgericht dieses Binnenmarktes nach Massgabe der von ihm entwickelten Auslegungstopoi ausgelegt wird.

Es ist auch im Interesse der Menschen und Unternehmen in der Schweiz, dass der EuGH für eine einheitliche Auslegung der Regeln sorgt, die für alle Marktteilnehmerinnen und Marktteilnehmer gleichermassen gelten.

 

Sie bezeichnen den EuGH als «mächtiges Gericht in Europa» und «unverzichtbare Stütze der europäischen Integration». Hierzu auch Ihr Kapitel «Kritik am Judicial Activism». Gegner jeder Zuständigkeit des EuGH für die Verträge zwischen der Schweiz und der EU halten den EuGH deshalb gar nicht mehr für ein Gericht, sondern für eine politische Instanz, die wie die EU-Kommission den politischen Auftrag hat, die Integration voranzutreiben, und deshalb für die Stärkung der EU und gegen die Schweiz urteilen würde. Was entgegnen Sie? 

Der EuGH hat langjährige Erfahrung darin, Assoziierungs- und Freihandelsabkommen mit Drittstaaten auszulegen. Dabei entscheidet er grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Herkunft der Parteien. Die Firma Opel Austria zum Beispiel obsiegte 1997 gegen den Rat der EU, weil eine handelsbeschränkende Massnahme mit dem EWR-Abkommen nicht vereinbar war. Hava Genc wehrte sich 2010 gestützt auf das Assoziierungsabkommen der EU mit der Türkei erfolgreich gegen eine drohende Abschiebung aus Deutschland.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Auslegung der bilateralen Abkommen mit der Schweiz. Der EuGH hat bewiesen, dass er in der Lage ist, auch hier sachlich, unparteiisch und methodisch angeleitet vorzugehen. Wiederum zwei Beispiele: Der Schweizer Landwirt Stamm, der als Grenzgänger ein in Deutschland gelegenes Ackerland bewirtschaftete, und das Ehepaar Ettwein, das in Deutschland arbeitete, aber in der Schweiz lebte, erstritten sich gestützt auf das Personenfreizügigkeitsabkommen in pacht- und steuerrechtlichen Belangen eine gleiche Behandlung, wie sie Deutschland den eigenen Staatsangehörigen und dort Ansässigen gewährte.

Es ist nicht davon auszugehen, dass der EuGH ein dergestalt unparteiisches Vorgehen infrage stellt, wenn er unionsrechtliche Begriffe auch mit Wirkung für die Schweiz auslegen würde. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass der EuGH konsequent zuungunsten der Schweiz entscheiden würde.

 

Kritisch wurden in der Schweiz die Urteile des EuG und des EuGH zum Fluglärmstreit mit Deutschland aufgenommen. Wie ordnen Sie diese Urteile ein?

Die beiden EU-Gerichte beurteilten die von Deutschland verfügten Beschränkungen von Flügen zum und vom Flughafen Zürich mit dem Ziel, im deutsch-schweizerischen Grenzgebiet die Lärmbelastung zu verringern, tatsächlich als zulässig. Das löste in der Schweiz keine Begeisterungsstürme aus.

Inhaltlich war das Urteil rechtlich zwar durchaus vertretbar. Mitentscheidend war, dass das Luftverkehrsabkommen im fraglichen Bereich, d.h. bei der Einschränkung der Ausübung von Verkehrsrechten, das unionale Recht nur lückenhaft abbildet. Dessen ungeachtet drängt sich bei der Lektüre der Ausführungen der Europäischen Kommission und der Gerichte aber auch der Eindruck auf, dass hier kein Musterbeispiel für eine sorgfältige Verhältnismässigkeitsprüfung vorliegt. Hier mag tatsächlich durchschimmern, dass es beim Fluglärmstreit um eine Nichtigkeitsklage eines Drittstaats ging.

Der Fluglärmstreit illustriert letztlich, wie durch ein Brennglas gebündelt, das janusköpfige Naturell der bilateralen Abkommen und die damit einhergehenden Herausforderungen: Partiell ist die Schweiz mitgliedstaatsähnlich in den Binnenmarkt und weitere Politikbereiche der EU integriert; das einschlägige EU-Recht wird auf das Verhältnis zur Schweiz ausgedehnt. Partiell verbleibt die Schweiz in der bunt zusammengewürfelten Kategorie «normaler» Drittstaaten ohne umfassende Teilhabe in rechtlicher und institutioneller Hinsicht; die gegenseitigen Rechte und Pflichten bestimmen sich nach klassisch völkerrechtlichen Mustern. Die Behörden tun sich schwer, gut nachvollziehbare und einfach zu vermittelnde Entscheide zu fällen. Vielleicht trifft hier eine Abwandlung eines berühmten Zitats des englischen Richters Baron Rolfe von 1842 den Nagel auf den Kopf: Bad law is apt to produce hard cases.

 

Gibt es denn keine Alternative zu einem Streitbeilegungsmodell, bei dem der EuGH eine prominente Rolle spielt?

Die EU erwartet von der Schweiz, Hand zur Schaffung neuer institutioneller Regeln zu bieten. In Bezug auf die Streitbeilegung geht es um die Einrichtung eines «internationalen Mechanismus», welcher einen Grad an Rechtssicherheit und Unabhängigkeit aufweist, wie er bei dem im Rahmen des EWR-Abkommens geschaffenen System existiert (Schlussfolgerungen des Rates zu den Beziehungen zwischen der EU und den EFTA-Ländern vom 20. Dezember 2012, Rz. 33).

Alternativ zum Einbezug des EuGH wäre denkbar, den EFTA-Gerichtshof mit der Streitschlichtung zu betrauen. Ein solches Modell, bei dem die Schweiz für den Zweck der verbindlichen Auslegung der bilateralen Abkommen an den EFTA-Gerichtshof andocken würde (verbunden mit der Vorstellung, diesen Gerichtshof mit einer Richterin oder einem Richter aus der Schweiz anzureichern), wurde soweit ersichtlich allerdings nie ernsthaft geprüft. Es steht auch in den laufenden Sondierungsgesprächen nicht zur Debatte. Die EU und die Schweiz haben sich im Common Understanding von 2023 darauf verständigt, nur das Schiedsgericht-/EuGH-Modell weiterzuverfolgen.

Eine Andockung an den EFTA-Gerichtshof hätte den Charme, dass die Schweiz personell auf der Richterbank vertreten wäre. Gleichzeitig wäre ein solches Modell aber auch mit Nachteilen verbunden: In der Zweipfeilerlösung des EWR, welche mit einer Andockung der Schweiz an den EFTA-Gerichtshof analog für das bilaterale Verhältnis geschaffen würde, entscheiden der EuGH und der EFTA-Gerichtshof nur für den jeweiligen Pfeiler (EU, EWR-EFTA-Staaten), was mit Blick auf die Rechtssicherheit und Homogenität nicht ideal ist (wobei der EFTA-Gerichtshof in der Praxis zugegebenermassen durchs Band auf Präjudizien des EuGH Bezug nimmt). Mit dem avisierten Schiedsgerichtsmodell wäre demgegenüber sichergestellt, dass eine einzige Gerichtsinstanz autoritativ über Auslegungsfragen entscheidet. Urteile eines Schiedsgerichts wären für die Schweiz und die EU gleichermassen verbindlich. Die Schweiz wäre befugt, missliebige Praktiken in der EU anzugreifen. Weiter müsste wohl davon ausgegangen werden, dass die EU bei einer Andockung an den EFTA-Gerichtshof verlangen würde, den EWR-Überwachungs- und Rechtsschutzmechanismus insgesamt auf den „Schweiz-Pfeiler“ auszudehnen. Die Schweiz würde folglich auch der EFTA-Überwachungsbehörde unterstellt.

 

Der Bundesrat macht geltend, der EuGH entscheide nie in der Sache, sondern nur über die Auslegung einer Bestimmung des EU-Rechts. Das Schiedsgericht sei frei, unter Berücksichtigung aller relevanter Aspekte des Falles zu urteilen. Aber kann es nicht sein, dass die Auslegung einer EU-Norm ausschlaggebend ist, und die anderen Aspekte des Falles eine Übersteuerung des EU-Gerichtshofs nicht ermöglichen, respektive nicht rechtfertigen?

Ein Schiedsgericht ruft den EuGH an, sofern für die Streitbeilegung die Klärung eines Konzepts des EU-Rechts erforderlich ist. Die Parteien haben keine Handhabe, eine Befassung des EuGH zu erzwingen. Im Anschluss an das Zwischenverfahren vor dem EuGH entscheidet das Schiedsgericht den Streitfall abschliessend. Bei Konzepten des EU-Rechts ist es an die Auslegung durch den EuGH gebunden; dessen Urteil ist für das Schiedsgericht verbindlich.

Der Einbezug des EuGH ähnelt dem Vorabentscheidungsverfahren in der EU, bei dem nationale Gerichte dem EuGH Fragen zur Gültigkeit und Auslegung des EU-Rechts vorlegen. Ein solches Zwischenverfahren dient der Klärung des EU-Rechts und ist nicht gegen die Schweiz gerichtet. Alle EU- und EWR-Mitgliedstaaten wie auch die Schweiz können vor dem EuGH Stellungnahmen einreichen und zur Entscheidfindung beitragen. Es liegt auch im Interesse der Schweiz, dass der EuGH diese Regeln einheitlich auslegt, für alle Marktteilnehmerinnen und Marktteilnehmer gleichermassen.

Der Spielraum, über den ein Schiedsgericht im Anschluss an eine Befassung des EuGH verfügt, mag von Fall zu Fall variieren. Hier mag ein Seitenblick auf die Praxis des EuGH zum Vorabentscheidungsverfahren erhellend sein: In gewissen Fällen liefert der EuGH äusserst detaillierte Antworten, und die nationalen Gerichte verfügen kaum mehr über einen Spielraum, um den hängigen Streitfall zu entscheiden. In anderen Fällen beschränkt sich der EuGH auf grundsätzliche Ausführungen, worauf es am nationalen Gericht liegt, den Streitfall mit Blick auf die konkreten Umstände zu entscheiden; in solchen Fällen verbleibt den nationalen Gerichten durchaus ein entscheiderheblicher Beurteilungsspielraum.

Es ist unbestritten, dass für die Auslegung von Bestimmungen, welche nicht auf unionsrechtlichen Konzepten beruhen, allein ein Schiedsgericht zuständig ist. Ein Beispiel ist die Regelung zur leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe im Landverkehrsabkommen. Dasselbe gilt, zumindest im Grundsatz, für die Auslegung von der Schweiz zugestandenen Ausnahmen und von spezifisch auf das bilaterale Verhältnis zugeschnittenen Sonderregelungen. Solche Ausnahmen und Sonderregelungen werden idealerweise so formuliert, dass sie nicht auf unionsrechtlichen Konzepten beruhen. Auch die Beurteilung der Verhältnismässigkeit von Ausgleichsmassnahmen, welche erlassen werden dürfen, sofern eine Partei einen Schiedsspruch nicht umsetzt, dürfte allein dem Schiedsgericht vorbehalten bleiben.

 

Sie fordern in Ihrem Buch, das im Entwurf des institutionellen Abkommens von 2018 vorgesehene Streitbeilegungsmodell zu perfektionieren, und machen konkrete Verbesserungsvorschläge. Insbesondere solle die Vorlagepflicht «nur dann bestehen, wenn es um die Klärung eines unionsrechtlichen Begriffs im Binnenmarktkontext geht». Sie halten es aber für «unklar, ob der EuGH eine solche Umschreibung der Vorlagepflicht eines Schiedsgerichts akzeptieren würde». Halten Sie es für möglich oder sogar nötig, dass der Bundesrat die Verhandlungen wieder scheitern lässt, wenn die EU diese Einschränkung der Vorlagepflicht nicht akzeptiert, oder der EuGH nicht zu ihrer Respektierung verpflichtet werden kann?

Die neuen Verhandlungen sollten tatsächlich genutzt werden, um das 2014-2018 entwickelte Modell weiter zu perfektionieren. Ein wesentliches Augenmerk sollte darauf gerichtet sein, die Verpflichtung eines Schiedsgerichts zur Anrufung des EuGH möglichst klar zu umreissen. Eine Vorlagepflicht, welche sich einzig um das Vorliegen eines «Begriffs des EU-Rechts» (gemäss Entwurf des institutionellen Abkommens von 2018) oder «eines Konzepts des EU-Rechts» (Common Understanding von 2023) dreht, ist konkretisierungsbedürftig.

Eine Vorlagepflicht scheint klarerweise zu bestehen, wenn es um die Klärung eines unionsrechtlichen Konzepts im EU-Recht geht, und die Einheitlichkeit der Auslegung und Anwendung in der EU gewährleistet sein muss. In dieser Konstellation beruht die Befassung des EuGH auf der unionsrechtlich bedingten, nachvollziehbaren Logik: Es handelt sich um EU-Recht, das zwar auf die Schweiz ausgedehnt wird, seinen genuin unionsrechtlichen Charakter aber nicht verliert. Es bleibt wesensmässig EU-Recht, dessen Auslegung dem EuGH obliegt.

Die Ausgangslage präsentiert sich nach meinem Dafürhalten anders, wenn ein Konzept des EU-Rechts im bilateralen Kontext EU-Schweiz geklärt werden muss. Hier mag einem Schiedsgericht eine durchaus eigenständige Rolle zukommen. Die der Klärung eines Konzepts des EU-Rechts im Binnenmarktkontext nachgelagerte Frage, ob im Verhältnis zur Schweiz auf der Grundlage eines bilateralen Abkommens eine parallele oder eine von der EuGH-Praxis abweichende Auslegung sachgerecht ist, muss dem EuGH nicht vorgelegt werden. Ein Schiedsgericht ist in der Lage, diese «Übersetzungsaufgabe» zu leisten, ohne dass die Einheitlichkeit des EU-Rechts gefährdet würde. Ein Schiedsgericht legt diesfalls – anders formuliert – nicht EU-Recht aus (was zwingend dem EuGH vorbehalten bleibt), sondern wendet die Praxis des EuGH im bilateralen Kontext EU-Schweiz an.

Es ist, wie Sie zu Recht anmerken, unklar, ob der EuGH eine solche Umschreibung der Vorlagepflicht eines Schiedsgerichts akzeptieren würde. Dessen ungeachtet argumentieren gewichtige Stimmen, dass eine dergestalt eigenständige Rolle eines Schiedsgerichts auch auf der Grundlage der Umschreibung der Vorlagepflicht im Entwurf des institutionellen Abkommens von 2018 möglich wäre. Es würde diesfalls an den Schiedsgerichten liegen, eine Praxis zur Vorlagepflicht zu entwickeln – selbstredend unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben in Bezug auf die Autonomie des EU-Rechts und die Zuständigkeit des EuGH zu seiner verbindlichen Auslegung.

 

Sie zeigen in Ihrem Buch auf, dass viele EuGH-Urteile bereits heute in der Schweiz bedeutsam sind. Haben unsere Juristinnen und Juristen eine gewisse Erfahrung darin, EuGH-Urteile zu rezipieren und damit zu arbeiten?

Der EuGH ist für die Schweiz keine Blackbox. Die Schweiz übernimmt seit Jahrzehnten Urteile des EuGH, sei es auf dem Weg der Rechtsvergleichung und des autonomen Nachvollzugs, sei es bei der Durchführung der bilateralen Abkommen. Unsere Juristinnen und Juristen sind sich gewohnt, Urteile des EuGH zu rezipieren und das schweizerische Recht im Licht der Dikta aus Luxemburg weiterzuentwickeln. Der Schritt, dem EuGH neu eine Rolle bei der Streitbeilegung zuzuordnen, wäre institutionell und rechtskulturell ein beachtlicher – praktisch wären die Folgen aber überschaubar.

Die praktische Bedeutung der avisierten Streitschlichtung qua Schiedsgerichtsbarkeit dürfte sich zudem auch in Zukunft auf einige wenige – dann allerdings publikumswirksame und politisch aufgeladene – Fälle beschränken. Im Alltag erfolgt der Rechtsschutz bei der Auslegung und Anwendung der bilateralen Abkommen weiterhin zuvörderst durch die Gerichte in der EU und der Schweiz. Es liegt an den Privaten, die ordnungsgemässe Durchführung der Abkommen einzufordern und die Gerichte anzuhalten, die Praxis des EuGH zu den Parallelbestimmungen im EU-Recht kontextgerecht zu berücksichtigen. Entsprechend zentral ist für die Schweiz die kluge Ausgestaltung allfällig neuer Vorgaben, welche die Behörden diesbezüglich beachten müssen.

 

Die Schweiz hat bei der Lösung von Konflikten im Wirtschaftsvölkerrecht traditionell ein gespaltenes Verhältnis zur gerichtsförmigen Streitbeilegung: Müsste hier in der Schweiz nicht ein Umdenken stattfinden?

Das stimmt. Die Schweiz setzt sich zwar überzeugt für die Einrichtung von gerichtsförmigen Streitbeilegungsgremien auf dem internationalen Parkett ein. Tatsächliche Auftritte vor solchen Gremien sind aber selten. Im Rahmen von Freihandelsabkommen war die Schweiz noch nie an einem Schiedsgerichtsverfahren beteiligt, weder als Klägerin noch als beklagte Partei. In der WTO trat die Schweiz immerhin zwei Mal als klägerische Partei auf. In beiden Verfahren – das erste wurde 2002 initiiert, das zweite 2018 – beschwerte sie sich an der Seite weiterer klägerischer Parteien, u.a. der EU, über zusätzliche Zölle der Vereinigten Staaten auf Stahl- und Aluminiumprodukte. In beiden Verfahren gaben die eingesetzten WTO-Panels der Schweiz und den anderen klägerischen Parteien Recht. Im ersten Verfahren bestätigte der WTO-Appellate Body das erstinstanzliche Verdikt des Panels. Im zweiten Verfahren legten die Vereinigten Staaten ebenfalls Beschwerde gegen den Panel Report ein; dieses Beschwerdeverfahren kann nicht behandelt werden, weil der WTO-Appellate Body zurzeit nicht funktionsfähig ist.

Voraussetzung dafür, dass die Schweiz von einem neuen Streitbeilegungsmodell profitiert, ist also, dass sie ihre traditionelle Zurückhaltung gegenüber der Streitbeilegung durch Schiedsgerichte im Wirtschaftsvölkerrecht aufgibt. Hier ist ein Mentalitätswandel erforderlich. Es ist ratsam, bei Bedarf – d.h. als ultima ratio – nicht zu zögern, einen Streit zu entpolitisieren und den Gang vor ein Schiedsgericht zu wagen – auch gegen die EU!

Vor diesem Hintergrund ist bedenkenswert, das interne Verfahren der Entscheidfindung über die Einleitung eines Schiedsgerichtsverfahrens zu formalisieren. Heute läuft dieser Prozess informell und wenig transparent ab. Es mag für Personen und Unternehmen in der Schweiz durchaus attraktiv sein, auf die mitunter aufwändigen Rechtsschutzverfahren in der EU und ihren Mitgliedstaaten zu verzichten, und stattdessen die Bundesbehörden zu bitten, auf dem diplomatischen Parkett tätig zu werden und ein Schiedsgerichtsverfahren zu initiieren.

 

Kommt es vor, dass der EuGH gegen Integrations- und Zentralisierungsschritte der Kommission und für das klagende oder beklagte Mitgliedsland und dessen relative «Souveränität» entschieden hat?

Der Vorwurf, der EuGH würde das EU-Recht in unzulässiger Weise weiterentwickeln und übermässigen judicial activism betreiben, zielt weitgehend ins Leere. Der EuGH urteilt methodisch angeleitet und funktional ausgerichtet auf die im EU-Vertrag avisierte «Verwirklichung einer immer engeren Union der Völker Europas». Seine starke Stellung beruht auf einer bewussten Entscheidung der Mitgliedstaaten. Sie tragen die betont integrationsfreundliche Praxis des EuGH mit. Vereinzelte Ausreisser – wie der weitum und zu Recht kritisierte Entscheid des deutschen Bundesverfassungsgerichts von 2020, wonach ein Urteil des EuGH zum Staatsanleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank «schlechterdings nicht nachvollziehbar» war – bestätigen die Regel.

Die Integrationsfunktion des EuGH zielt dabei längst nicht mehr nur auf die Entwicklung des Binnenmarktes, sondern auch darauf, die Grenzen der Zuständigkeiten der Unionsorgane abzustecken, und die Rechte der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die ihnen unabhängig von einer wirtschaftlichen Tätigkeit zukommen, in den Blick zu nehmen. Die Nichtigerklärung von unrechtmässig zustande gekommenen EU-Rechtsakten – wie etwa der Tabakrichtlinie von 1998 und der Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung von 2006 – sind ebenso Belege hierfür wie weitere Urteile zum Grundrechtsschutz und die Rechtsprechungslinie zur Unionsbürgerschaft.

 

Kommentatoren der schweizerischen Europapolitik bringen wieder zur Sprache, dass die Schweiz am Decision Shaping für neues Unionsrecht teilnehmen können sollte, wie es der Beitritt zum EWR ermöglicht hätte. Halten Sie es für möglich, dass sich die Schweiz im Rahmen des Paketansatzes des Bundesrates darum bemüht? Hierzu Thomas Pfisterer (in «Ein Plus für die Demokratie – Minimalstandard für die Mitsprache von Parlament und Volk beim Rahmenabkommen oder bei weiteren Verträgen mit der EU», EIZ 2021): «Als Gegengewicht zur Rechtsübernahmepflicht muss die Schweiz ihre Interessen schon bei der Erarbeitung eines EU-Rechtsakts im EU-Gesetzgebungsverfahren wahren dürfen, nicht erst bei den Verhandlungen über die Verträge zur Übernahme eines EU-Rechtsakts. Die Schweiz muss gleich viel Einfluss erhalten, wie ihn die EWR-Mitgliedstaaten geniessen. Eigentlich müsste nach dreissig Jahren EWR ein Ausbau der Beteiligung vereinbar sein.»

Einzelne bilaterale Abkommen regeln bereits heute den Einbezug von Sachverständigen aus der Schweiz bei der Vorbereitung neuer Rechtsakte in der EU. Dies ist typischerweise der Fall bei der Weiterentwicklung des auch für die Schweiz bedeutsamen Schengen-Besitzstands. Die Schweiz engagiert sich hier regelmässig. Bei der Änderung der Waffenrichtlinie von 2017 überzeugte sie die EU-Organe sogar, eine spezifisch auf die Verhältnisse in der Schweiz zugeschnittene – wenngleich allgemein formulierte – Bestimmung aufzunehmen und damit gleichsam einen Swiss Finish zu installieren. Der EuGH bestätigte die Rechtmässigkeit dieser Bestimmung, weil sie «sowohl der Kultur als auch den Traditionen der Schweizerischen Eidgenossenschaft sowie dem Umstand Rechnung [trägt], dass dieser Staat aufgrund dieser Traditionen über die Erfahrung und die Fähigkeit verfügt, die betreffenden Personen und Waffen nachzuverfolgen und zu überwachen» (C-482/17).

Der Entwurf des institutionellen Abkommens von 2018 sah solche Mitgestaltungsrechte der Schweiz bei der Erarbeitung neuer EU-Rechtsakte vor. Diese Rechte entsprachen weitgehend denjenigen der EWR-EFTA-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen. Das Common Understanding von 2023 nimmt dieses Anliegen zu Recht wieder auf.

Bereits heute existiert auch eine auf die dritte Gewalt übertragene Praxis des Decision Shaping: Spezielle Vorschriften ermöglichen der Schweiz die Beteiligung an Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH, bei denen es um die Auslegung von EU-Recht geht, das aufgrund der Schengen/Dublin-Assoziierungsabkommen oder des Lugano-Übereinkommens auch für die Schweiz einschlägig ist. Auch hier bringt sich die Schweiz aktiv ein. Sie hat in mehr als 40 Fällen zum Schengen/Dublin-Besitzstand beim EuGH Stellungnahmen eingereicht; ein beeindruckendes Engagement! Damit übernimmt die Schweiz Mitverantwortung für die Entwicklung der Rechtsprechung in Bereichen des EU-Rechts, in denen sie faktisch wie ein Mitgliedstaat behandelt wird.

Es ist bedenkenswert, das Recht der Schweiz zur Abgabe von Stellungnahmen vor dem EuGH auf weitere Abkommen auszudehnen, welche auf EU-Recht beruhen. Dies sollte in den Gesprächen über neue institutionelle Regeln mitbedacht werden.

 

In der Zusammenfassung zum 1. Kapitel (S. 76) schreiben Sie: «In der einen oder andern Form wird der Vorrang in den meisten Mitgliedstaaten nur unter der Bedingung akzeptiert, dass das EU-Recht und der EuGH einen unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz gewährleisten (Grundrechtskontrolle), dass die Organe gestützt auf bestehende Kompetenzen handeln (Ultra-vires-Kontrolle), und dass das EU-Recht die Identität der nationalen Verfassung (bzw. zumindest deren grundlegenden Gehalt) respektiert (Identitätskontrolle).» Könnte auch die Schweiz die Identitätskontrolle (z. B. Respektierung der Verfassungsnorm der Ausschaffungsinitiative) anrufen, etwa wenn der EuGH eine schweizerische Landesverweisung als rechtswidrig beurteilen würde?

Die Schweiz ist bestrebt, bei der Übernahme der Freizügigkeitsrichtline 2004/38/EG eine Ausnahme auszuhandeln, wonach sie die mit der Bundesverfassung (Art. 121 BV) nicht vereinbaren Richtlinienbestimmungen über den verstärkten Schutz vor strafrechtlicher Landesverweisung nicht übernehmen muss.

Darüber hinaus werden die neuen institutionellen Regeln die EU und die Schweiz verpflichten, Hand zu bieten für eine zügige und unkomplizierte Übernahme von neuen abkommensrelevanten EU-Rechtsakten. Sofern die Schweiz einer solchen Übernahme – etwa im Nachgang zu einer negativen Referendumsabstimmung – nicht zustimmt und ein Schiedsgericht einen Verstoss gegen die Übernahmeverpflichtung feststellt, kann die EU Ausgleichsmassnahmen erlassen. Dieselbe Option besteht auch bei einem für die Schweiz nachteiligen Entscheid eines Schiedsgerichts (wobei das Bundesgericht seine Praxis, wonach etwa das Freizügigkeitsabkommen dem innerstaatlichen Recht strikt vorgeht, weiterentwickeln muss; andernfalls müssten die rechtsanwendenden Behörden ein Urteil eines Schiedsgerichts gleichwohl anwenden).

Ein solches Ausscheren wird allerdings klarerweise nur in Ausnahmefällen opportun sein. Das gute Funktionieren des Binnenmarktes bedingt, dass das Recht und seine Auslegung durch die Gerichte respektiert werden. Das gilt nicht nur für die EU-Mitgliedstaaten, sondern auch für die Schweiz in denjenigen Bereichen, in denen sie mitgliedstaatsähnlich am Binnenmarkt teilhat.

 

Die SVP verbreitet die Behauptung, das Ergebnis der laufenden Verhandlungen mit der EU wäre das Ende der direkten Demokratie. Im Jahr 2022 haben Sie sich zur Frage der Auswirkungen geäussert, den der Beitritt zur EU auf die Volksrechte hätte (siehe https://eizpublishing.ch/publikationen/der-beitritt-der-schweiz-zur-europaeischen-union/). Nun geht es zwar auf absehbare Zeit nicht mehr um den Beitritt, aber auch mit Blick auf das mögliche Ergebnis der laufenden Verhandlungen wäre es nützlich, darzulegen, dass auf allen drei Staatsebenen weiterhin ein grosser Teil der bisherigen Abstimmungen möglich und wirksam wären.

Die geplanten institutionellen Regeln schränken die Volksrechte formell nicht ein. Auch mit Blick auf den tatsächlich zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraum wären die allermeisten Abstimmungen im Bund, in den Kantonen und in den Gemeinden weiterhin möglich. Die neuen institutionellen Regeln werden einzig auf fünf Abkommen der Bilateralen I sowie auf neue Binnenmarktabkommen – wie mutmasslich ein Stromabkommen – anwendbar sein.

Gleichzeitig verstärkt jeder weitere Integrationsschritt das bereits vorhandene Unbehagen. Die fortschreitende Globalisierung und Europäisierung des Rechts führt zu Spannungen in unserem Verfassungsgefüge. Die Substanz der demokratischen Rechte wird punktuell eingeschränkt, weil sich die Rahmenbedingungen für ihre Ausübung verändern. Beim Referendum steht das Volk mitunter unter Druck, eine abkommensrelevante Weiterentwicklung des EU-Rechts «durchzuwinken». Die Wirkmacht des Initiativrechts reduziert sich in bilateralrechtlich überdachten Bereichen faktisch darauf, ein Zeichen zu setzen und den Bund zu verpflichten, in den von den Abkommen gesetzten Grenzen tätig zu werden; es steht zudem zur Verfügung, im Grundsätzlichen über die Teilnahme der Schweiz am europäischen Integrationsprozess zu befinden. Das von Dani Rodrik beschriebene «Globalisierungsparadox» – wonach Demokratie, nationale Selbstbestimmung und wirtschaftliche Globalisierung nicht gleichzeitig verwirklicht werden können – trifft auch auf die Schweiz zu.

Bei den geplanten institutionellen Regeln fallen aus demokratiepolitischer Warte drei Aspekte ins Auge: Erstens wird die Schweiz bei der Ausarbeitung von neuen EU-Rechtsakten mitwirken können (Decision Shaping). Sie kann sich proaktiv einbringen und übernimmt punktuell (Mit-)Verantwortung für die Politikgestaltung in Europa – einfach ohne Stimmrecht. Zweitens werden sich die EU und die Schweiz zwar verpflichten, Hand zu bieten für eine zügige und unkomplizierte Übernahme von neuen abkommensrelevanten EU-Rechtsakten. Auch sind Urteile eines Schiedsgerichts verbindlich. Die Schweiz kann eine solche Übernahme oder ein solches Urteil – etwa mit Blick auf ein ausdrücklich anderslautendes Votum der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger – ausnahmsweise aber ablehnen. Sie muss einfach bereit sein, allfällige Ausgleichsmassnahmen der EU auszuhalten. Drittens hätte der Entwurf des institutionellen Abkommens von 2018 eine Superguillotine enthalten. Mit dem nun avisierten sektoriellen Ansatz dürfte eine solche Verknüpfung der Bilateralen I mit den neuen Abkommen mutmasslich nicht mehr zur Debatte stehen. Ausdrücklich zulässig soll es gemäss Common Understanding von 2023 allerdings sein, im Fall der Nichtumsetzung eines Urteils eines Schiedsgerichts Ausgleichsmassnahmen auch im Anwendungsbereich von Abkommen zu erlassen, welche zwar den institutionellen Regeln unterstellt sind, aber nicht am Ursprung der eigentlichen Streitigkeit stehen (cross-retaliation). Eine solche Wahlmöglichkeit dürfte kaum im Interesse der Schweiz sein.

Letztlich ist aber auch klar: Allein der EU-Beitritt merzt das demokratiepolitische Defizit aus, das allen anderen europapolitischen Optionen innewohnt. Die Mitsprache und Mitentscheidung in den EU-Organen bereitet den Boden dafür, die auf der nationalen Ebene anfallenden Demokratieeinbussen aufzufangen und auszugleichen. Das haben wir in dem von Ihnen angesprochenen Buch thematisiert.

 

 

Print Friendly, PDF & Email