Menschenrechte, Rechtsstaat, Völkerrecht: Kriterien im Wahljahr 2023

Von Dr. iur. Ulrich Gut, Präsident des Vereins Unser Recht

Die eidgenössischen Räte, die aus den Wahlen vom 22. Oktober hervorgehen, werden in ihrer Legislaturperiode auch auf die Geltung der Menschenrechte, die Regeln des Rechtsstaats und diejenigen des Völkerrechts Einfluss nehmen. Deshalb müssen diese Werte und Normen auch zu Wahlkriterien werden.

Es zeichnet sich ein Wahlkampf mit dem dominanten Thema Migration ab. Zudem werden mit guten Gründen klima-, sozial-, gesundheits- und neutralitätspolitische Themen lanciert. Verdrängt zu werden droht die Europapolitik, weil drei grosse Parteien diesbezüglich gespalten, teils zudem in Wahlallianzen mit der SVP verbunden sind und Europapolitik deshalb als Störfaktor betrachten.

Für Menschenrechts-, Rechtsstaats- und Völkerrechtspolitik muss die Aufmerksamkeit der Wählenden geweckt und gestärkt werden. Dies ist möglich und nötig – eine Herausforderung auch an eine Organisation wie «Unser Recht» und deren Mitglieder:

a) Suchen wir die Programme der Parteien und die Aussagen ihrer massgeblichen Vertreterinnen und Vertreter nach Forderungen ab, die von Bedeutung für die Weiterentwicklung von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Völkerrecht in den kommenden Jahren sind.

b) Konfrontieren wir die Parteien und die Kandidierenden von uns aus mit Forderungen nach Verbesserungen oder Unterlassungen.

Drei Themen, herausgegriffen aus einer Vielfalt:

a) Flucht- und Migrationspolitik: Wer anerkennt rote Linien zugunsten der Geltung von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Völkerrecht? Wer zieht sie wo? Wer schlägt menschenrechtskonforme und humane Massnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen vor, mit denen uns Flucht- und Migrationsbewegungen konfrontieren?

b) Innere Sicherheit, ein Beispiel: Es bestehen «keine ausreichenden gesetzlichen Grundlagen für den Einsatz automatisierter Gesichtserkennung im Strafverfahren». Es sind «Normen zu schaffen, welche die mit ihnen einhergehenden schweren Grundrechtseingriffe in ihrer Gesamtheit abbilden. Dazu gehört nicht nur die Beschaffung von Daten durch den Staat, sondern auch deren Analyse und Verwertung.» (Monica Simmler/Giulia Canova: «Die Unrechtmässigkeit des Einsatzes automatisierter Gesichtserkennung im Strafverfahren», ZSR 142 I 3, S. 201 ff.

c) Die soeben lancierte neue Einwanderungsinitiative der SVP stellt unter anderem den Familiennachzug in Frage, auch für Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter.

Informieren wir uns gegenseitig über Feststellungen, Schritte und Ideen in diesem Sinne! Verbreiten wir sie weiter!

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